Der mit Abstand merkwürdigste Gottesdienst im ganzen Jahr in der katholischen Kirche ist der Karfreitag. Weil auch der Karfreitag der merkwürdigste Tag im ganzen Jahr ist. Es ist der einzige Kalendertag, an dem nirgendwo auf der Welt eine Eucharistiefeier, also eine Messe, gehalten wird.
Was genau ist also anders als sonst? Der Gottesdienst am Karfreitag beginnt in völliger Stille. Ohne Musik und ohne Worte ziehen die Mitwirkenden ein und legen sich für eine Zeit flach auf den Boden. Der Altar ist leer, ohne Tischdecke, ohne Schmuck. Sichtbar ist nur ein verhülltes Kreuz. Man beginnt ohne Eröffnung und Begrüßung, einfach nur mit einem Gebet. Der Grund dafür ist, dass wir im Grunde keinen neuen Gottesdienst beginnen. Wir machen da weiter, wo wir am Anfang vorher abgebrochen haben. Eigentlich ist das eine einzige große Feier: die Messe am Gründonnerstag, die Liturgie heute und die Osternacht. Eine Feier, die wir zwar unterbrechen, aber dennoch eine Einheit.
Dann geht es gleich weiter mit der Lesung aus Jesaja, dem vierten Lied vom Gottesknecht. Der Text wurde einige Jahrhunderte vor Jesu Geburt geschrieben, aber er erinnert uns an Jesus.
Die Liturgie setzt sich fort mit einer Lesung aus dem Hebräerbrief, der wie in einer Nussschale zusammenfasst, was das Leiden Jesu uns letztlich bringt.
Als Evangelium wird die Leidensgeschichte, also die Passion, gelesen. Wir hatten sie auch schon am Palmsonntag. Es gibt aber einen Unterschied: Am Karfreitag kommt immer die Version nach Johannes. Alle vier Evangelien berichten das Leiden Jesu, und unterscheiden sich dabei in Details. Das ist nicht verwunderlich: Wenn vier Menschen ein und dasselbe Ereignis beobachten, erinnern sie sich fast zwangsläufig unterschiedlich. Das erhöht auch die Glaubwürdigkeit. Denn wenn sie bis in die Einzelheiten übereinstimmten, müsste man denken, dass sie sich abgesprochen haben.
Die Passion nimmt viele Menschen sehr mit. Ich kenne einige, die sagen, dass sie das nicht ertragen, und deshalb gehen sie an Karfreitag nicht in eine katholische Kirche. Ich verstehe das. Dennoch gilt, was immer gilt bei Tod und Trauer: Gehen Trauer hilft nicht Wegsehen, sondern Hinsehen und - Trauen. Auch mit Tränen.
Негізгі бет 240329 Karfreitag
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