Neben der intensiven Lektüre von Thomas Manns Roman "Der Zauberberg" möchte ich hier in loser Folge auch andere literarische Werke vorstellen, die in enger Beziehung zum Zauberberg stehen.
In der zweiten Folge behandle ich die Veröffentlichung von Norman Ohler:
Der Zauberberg, die ganze Geschichte
erschienen im September 2024 beim @diogenesverlag (bisher nur auf Deutsch verfügbar).
Norman Ohler legt wieder einmal ein Buch vor, dass sich nicht mit den gängigen Genregrenzen exakt fassen lässt.
Im Zentrum des Buchs steht eine Reihe von gleichermaßen informativen wie vergnüglichen Essays über verschiedenste Aspekte, die für Leser des Zauberberg-Romans hochgradig interessant sind, wie z.B.:
Hintergründe zu Katia Manns Kuraufenthalt in Davos
der Aufstieg von Davos vom "bettelarmen Bergkaff" zum heutigen Luxus-Wintersportort der Reichen und Schönen und Tagungsort des World Economic Forum
andere (literarische) Größen, die als Tuberkulose-Patienten in Davos kurten und starben, z.B. Klabund, dessen verzehrende Liebe zu Carola Neher anrührend beschrieben wird.
die nationalsozialistische Durchsetzung des Ortes durch den umtriebigen Wilhelm Gustloff, sowie dessen Ermordung durch den jüdischen Studenten David Frankfurter
die dünne Beweislage zur heilsamen Wirkung des örtlichen Klimas
Eine Fundgrube an interessanten und vergnüglich beschriebenen Fakten für jeden Zauberberg-Enthusiasten.
Die Sachbuch-Fiktion wird dadurch gestützt, dass Ohler auch intensiv mit einem Anmerkungsapparat arbeitet sowie ein an wissenschaftlichen Standards zumindest grob orientiertes Literaturverzeichnis beisteuert.
Eingebettet sind diese Sachtexte in eine fiktionalisierte autobiographische Rahmenhandlung, in der der Erzähler mit seiner vierzehnjährigen Tochter, deren Freundin und einigen Elternteilen ein paar Tage Skiurlaub in Davos verbringt, und zwar im Nostalgie-Hotel Schatzalp, - also einem der mindestens zwei Häuser am Platz, die für sich glaubhaft in Anspruch nehmen können, in Teilen Inspirationsquelle für Thomas Manns Schilderungen des Berghofs gewesen zu sein
Verzahnt ist die Rahmenhandlung mit den Sachtexten über eine "autoreferenzielle Brücke": wesentliche Tätigkeit des Erzählers der Rahmenhandlung ist nämlich die Vor-Ort-Recherche sowie eben die Abfassung genau der im Sachteil des Buches enthaltenen Sachtexte. Ein schöner struktureller Kniff des Erzählers, der dieser (aus meiner Sicht eigentlich eher verzichtbaren) Rahmenhandlung doch noch eine gewisse Legitimation und narrative Funktion gibt. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
Insgesamt ein gelungenes Buch, dass man jedem "Zauberberg-Enthusiasten" vorbehaltlos zur Lektüre anempfehlen kann.
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Негізгі бет Aussichten vom Zauberberg | Ep. 02 | Norman Ohler - Der Zauberberg, die ganze Geschichte
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