Vom Geläut der Bochumer Christuskirche existieren bereits einige Veröffentlichungen. Ist da noch eine nötig? Ja. Das Geläut - man möchte sagen das beste Geläut der Stadt Bochum - ist jede Arbeit wert. Die Geschichte und der Bau „Christuskirche“ ebenso. Drittens ist hier eine Aufnahme zu hören, für die das Geläut sehr gut an- und abgeläutet wurde, das normalerweise zu hörende Schalten geht auf das Konto der „künstlerischen Freiheit“. Es begeistert noch heute, wie schön der Nutzer „consolatrix73“ die Glocken für diese Aufnahme - ohne das Läuteverhalten der Glocken zu kennen - hat kommen und gehen lassen.
Die Christuskirche wurde als Emporenbasilika mit polygonalem Querhaus in frühgotischen Formen als erste ev. Kirche nach der Union der luth. und ref. Gemeinden und dem Beginn der Industrialisierung 1877-79 erbaut. Den Entwurf lieferten nach einem Wettbewerb die Architekten Hartel & Quester aus Krefeld, im Preisgericht saß u. a. der Kölner Dombaumeister. Repräsentativ auf einer der höchsten Stellen der Innenstadt errichtet, trat die Kirche nach Bau des neuen Rathauses städtebaulich in den Hintergrund. Im Mai 1943 oder 44 wurde die Kirche bei einem Bombenangriff zerstört und brannte aus, nur der Turm blieb erhalten.
Für den Wiederaufbau wünschte die Gemeinde einen Neubau unter Erhalt des Turmes. Wieder wurde ein Architektenwettbewerb durchgeführt, den Dieter Oesterlen aus Hannover gewann. Die neue Kirche wurde 1957-59 errichtet. Im Stadtraum noch bescheidener auftretend, besticht der kristallin wirkende Bau durch seine strenge Durchtaktung, Details einer gotischen Hallenkirche aufnehmend. Man rühmt(e) sich der „bilderlosen Kirche“ - ihre Ausrichtung auf Christus in Wort und Sakrament am Altar ist jedoch in allen Architekturdetails und der Lichtführung absolut eindeutig. Selbst die Kanzel tritt bescheiden zur Seite. Ein höchst schlichter, aber äußerst sakraler Raum entstand.
Als der Autor 1997 nach Bochum zog, war die Kirche bereits faktisch außer Betrieb, die Innenstadtgemeinde war zu stark geschrumpft um eine Regelnutzung der Kirche finanzieren zu können. Pläne zur Nutzung als Synodalkirche des Kirchenkreises wurden bald wieder fallen gelassen. Seit 2005 wird die Kirche als „Kirche der Kulturen“ mit einem hochwertigen Kulturprogramm bespielt. 2001-03 wurde der Turm unter großer finanzieller Beteiligung der Bevölkerung in mehreren Abschnitten saniert, seine jetzt monolithische Position und die edle Gestaltung der Glockenstube mit Anklängen an den Bamberger Dom und die Kathedrale von Laon (F) machen ihn zu einer der sicher besten neugotischen Turmlösungen überhaupt.
Das erste Geläut erhielt die Kirche 1878 vom Bochumer Verein, es war in des‘ f‘ g‘ notiert und ging vermutlich im 2. Weltkrieg unter. 1959 wurde das heutige, repräsentative Geläut ebenfalls vom Bochumer Verein geliefert. Die 5 Glocken in unterschiedlichen Rippen stellen einen Höhepunkt der Produktion von Stahlglocken dar und wiederholen in ihrer schlichten Gestaltung die Christusbezogenheit der neuen Kirche. Das Geläut schaukelte den Turm zu stark auf und wurde 1992 stillgelegt. 2003 wurde es denkmalgerecht und hochwertig saniert, ist allerdings als Vollgeläut seit 2003 nur am jedem 11. September zwischen 14.46 und 15.03 Uhr zum Gedenken an die Terrorangriffe auf das World-Trade-Center in New York zu hören.
Geläutedaten:
1. a° -1, ~1980 mm, 2834 kg (V7-Rippe)
+ ICH ++ BIN ++ DAS ++ LICHT ++ DER ++ WELT
2. d‘ =0, ~1620 mm, 1813 kg (schwere Durrippe)
+ ICH + BIN + DIE + AUFERSTEHUNG + UND + DAS + LEBEN
3. e‘ =0, ~1350 mm, 988 kg (V7-Rippe)
+ ICH + BIN + DER + WEINSTOCK ++ IHR + SEID + DIE + REBEN
4. fis‘ +1, ~1180 mm, 679 kg (V7-Rippe)
+ ICH ++ BIN ++ DER ++ GUTE ++ HIRTE
5. a‘ +1, ~1050 mm, 530 kg (Untermollsextrippe)
++ SIEHE + ICH + KOMME + BALD
Alle Glocken tragen die Jahreszahl 1958, geplant wurden sie ab 1957, gutachterlich abgenommen im März 1959, geliefert im August 1959.
Aufnahme: 11.09.2007
Aufnahmetechnik: Gerät: Sharp MD-MT80, Mikrofon: Sony ECM-MS957.
Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, eigener Provenienz.
Verwendete Quellen/Literatur:
S. Schritt: Bochumer Verein für Gussstahlfabrikation Bochum (BVG) 1851-1970, Glocken und Geläute, Vorläufiges Gesamtverzeichnis für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland, Eigendruck, Trier, 2000, mit fortlaufender Ergänzung.
Begleittext der Geläutepräsentation des Nutzers „Glockentim“: • Bochum, ev. Christuski...
Christel Darmstadt (Hrsg.): Sakrale Baukunst in Bochum, Verlag Schürmann + Klagges, Bochum, 2003, S. 18-19, 26-27 und 229.
Gustav K. Ommer: Neue Orgeln im Ruhrgebiet: von 1945 bis zur Gegenwart. Mercator-Verlag Duisburg 1984. S. 48-49.
Axel Schäfer/N. Konegen/H. H. Hanke (Hrsg.): Bochum entdecken - 20 Stadtrundgänge durch Geschichte und Gegenwart, Klartext Verlag, Essen 2009, S. 18-19.
Netzauftritt der Christuskirche: www.christuskirche-bochum.de
Netzseite zum Platz des europ. Versprechens: europeanpromise.eu/
Негізгі бет Музыка Bochum, Christuskirche - Plenum 2007
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