Um im Nachhinein die Spannungen verständlich zu machen, unter denen die Recherchen und die Dreharbeiten für diesen Film stattfanden, muss man sich wieder an einige der damaligen zeitgeschichtlichen Koordinaten erinnern. 1989 fiel die Berliner Mauer, und die Erosion des Ostblocks ging in seine völlige Auflösung über. In ganz Europa gab es Ängste vor einem "Rückruf in die Geschichte" des wiedervereinigten Deutschlands, und dessen möglicherweise noch latentem faschistischen Restpotential. In einigen Ländern Europas erzielten rechts-konservative Parteien beträchtliche Wahlerfolge und schienen auf dem Vormarsch, unter anderem die FPÖ unter Haider in Österreich. Eine "Neue Rechte" formierte sich, vor allem in Frankreich unter Le Pen. Die Nachkriegsmoderne erschien sowohl in politischer wie in kultureller Hinsicht zur Disposition gestellt, die Werke von Ernst Jünger, Friedrich Nietzsche oder Carl Schmitt erfuhren eine Renaissance, vor allem im Osten und Südosten Europas. Dieser Entwicklung stand eine aktuelle moderne Kunst gegenüber, die sich zu wiederholen schien, und für die der Markt zur bestimmenden Dominante geworden war. Alle widerständigen Impulse der moderne Kunst schienen sich aufgelöst zu haben in einem Klima des Wohlverhaltens und der Akzeptanz der herrschenden Verhältnisse, die beschleunigt durch die technologische Entwicklung sich anschickten, Ideen von Weltgesellschaft und Globalisierung umzusetzen. Es herrschte andererseits ein Klima der Erwartung wie Angst vor einem möglichen "rechts-konservativem Rollback", das durch die Medien lustvoll ventiliert und durch Einlassungen wie die von Jean Baudrillard, der die aktuelle moderne Kunst in einer der Rechten nahestehenden Zeitschrift (KRISIS) angriff und kritisierte, verstärkt und scheinbar bestätigt wurde.
In dieser Situation begann am 3.Dezember 1993 in Österreich eine Serie von Brief- und Rohrbombenanschlägen, die bis 1997 andauerte und in Österreich und Deutschland (wo es auch zu Anschlägen kam) zahlreiche Tote und Verletzte forderte. Die Terroranschläge einer bis dahin unbekannten Terrorgruppe „Bajuwarischen Befreiungs-Armee“ (BBA) waren konzipiert als ein historisches Rollenspiel, das die Befreiung Wiens 1683 vor den Türken nachspielte. Den Anschlägen folgten Bekennerschreiben, in denen nach historischen Ereignissen und Figuren der österreichisch-bajuwarischen Geschichte benannte Kampftrupps ("Wir wehren uns. Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg") die Anschläge begründet und politische Forderungen aufgestellt wurden. Ziel der Anschläge waren demnach der Stopp einer befürchteten "Umvolkung Österreichs" durch den Zuzug von Asylanten und "einer Flut slawischer Fremdrassiger" und eine Zerstörung der "deutschen Identität" Österreichs. Verantwortlich dafür sahen die Attentäter eine "reinrassige Tschuschenregierung" in Wien, die im Auftrag internationaler Interessen handelte. Zwischen den Bombenserien kam es 1994 auch zu einem Attentat auf Bilder des berühmten österreichischen Malers Arnulf Rainer. Zwischen dem 30.August und dem 13.September 1994 hatten Unbekannte in der Wiener Kunstakademie 27 Bilder Arnulf Rainers mit schwarzer Farbe übermalt. Ein Bild übermalten die Attentäter mit dem Text: UND DA BESCHLOSS ER AKTIONIST ZU SEIN, scheinbar die Abwandlung eines Hitler-Zitats aus "Mein Kampf": UND DA BESCHLOSS ICH POLITIKER ZU WERDEN. Auffällig war, dass gezielt vor allem Bilder übermalt wurden, die Rainer 1989 in einer großen Personalausstellung im New Yorker Guggenheim Museum gezeigt hatte. Die Polizei und die Medien jagten nun das "Phantom von Wien".
herakleskonzep...
Негізгі бет "Das Meisterspiel" Lutz Dammbeck, 1998
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