Warten auf Godot: Der Frühling kommt trotzdem
Das von Klaus Rohrmoser erstklassig inszenierte Drama von Samuel Beckett „Warten auf Godot“ feierte am Donnerstag im Innsbrucker Kellertheater Premiere.
Schicksalsgefährten wider Willen (v. l.): Wladimir (Elmar Drexel), Lucky (Lucas Zolgar) und Estragon (Helmuth A. Häusler) sind sich gegenseitig nur scheinbar eine gute Stütze.
Innsbruck - Die beiden Landstreicher Estragon (Helmuth A. Häusler) und Wladimir (Elmar Drexel) stehen mit einem Strick in der Hand vor einer Trauerweide, um ihrem gescheiterten Leben gemeinsam ein Ende zu setzen. Der Baum scheint abgestorben zu sein, ihm fehlen die Blätter, und so konstatiert einer der beiden, dass selbst die Trauerweide ausgetrauert habe. Sie prüfen die Äste des Baumes auf ihre Stabilität und müssen feststellen, dass der Ast den Beleibteren der beiden nicht halten würde. Daher beschließen sie, mit ihrem Freitod noch zuzuwarten, denn sie warten ja ohnehin schon: auf Godot.
Das ist eine der Schlüsselszenen aus Samuel Becketts Drama „Warten auf Godot“, das 1953 erstmals in einem Pariser Theater uraufgeführt wurde. Der abrupte Wechsel zwischen Tragödie und Komödie macht den Reiz dieses Theaterstücks aus. Das Innsbrucker Kellertheater wagte sich am Donnerstag vor ausverkauftem Haus an diesen Klassiker heran. Gewiss niemand musste sein Kommen bereuen, das darf man schon vorab verraten.
Regisseur Klaus Rohrmoser folgt den dramaturgischen Grundprinzipien Becketts, setzt ganz auf die Ausdruckskraft der Sprache. Rohrmoser bleibt nahe an der literarischen Vorlage, verzichtet auf pompöse Szenenwechsel und dramaturgische Absurditäten. Auch bei ihm bleibt Godot ein Phantom, auf das bis zuletzt vergeblich gewartet wird.
Neben französischen und englischen Einsprengseln sprechen die Schauspieler bisweilen im Tiroler Dialekt, was dem Stück besondere Authentizität verleiht. Die Landstreicher „warten“ nicht auf Godot, während sie Yoga praktizieren, sondern müssen auf ihn „herpassen“.
Häusler und Drexel spielen die masochistisch aufeinander angewiesenen Antihelden bravourös. Dies ist in der Reduziertheit von Klaus Gasperis Bühnenbild kein leichtes Unterfangen. Die beiden Akteure verbindet eine symbiotische Hassliebe, die sie bis zum Schluss unterhaltsam zelebrieren.
Ebenso gekonnt gespielt ist die Rolle des Pozzo. Michael Walde-Berger gibt den sadistischen Choleriker, der aus der Zeit gefallen zu sein scheint, während er sich zu den beiden Wartenden gesellt und dabei seinen Knecht Lucky höllisch misshandelt. Die Schmach und die Erniedrigung, die diesem Opfer-Charakter widerfahren, macht Darsteller Lucas Zolgar für das Publikum greifbar. Man leidet förmlich mit.
Am Ende sind bestimmt jene am glücklichsten, die trotz allem die Hoffnung nicht aufgeben. Das sieht man auch auf der Bühne. Mit einem grünen Spross kündigt sich schon der nächste Frühling an.
Jeder Mensch wartet irgendwann, irgendwo. Es ist eine Kunst, diesen Kontrollverlust hinzunehmen, ohne dabei zu verzweifeln. Das ist die Botschaft des Abends.
Негізгі бет "Warten auf Godot" von Samuel Beckett in Tirol / RAI Südtirol Spielzeit
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