Die zahlreichen Aufstellungsbeispielen auf diesem Kanal zeigen eindrücklich unsere Vorgehensweise und deren unmittelbare Auswirkungen.
Da diese Vorgehensweise manchen anfangs etwas starr und direktiv erscheint, skizziere ich hier so kurz und knapp wie möglich unseren theoretischen Hintergrund.
In unserer Gesellschaft sind Kinder schon früh Selbstwert-Verletzungen ausgesetzt: subtil durch Ignorieren und Vernachlässigen, oder massiv, durch Abwertung, Ablehnung oder Gewalt. Um dennoch zu überleben, aktivieren sie angeborene, „archaische“ Anpassungsreflexe: sie verleugnen ihr authentisches, wahres Selbst: Gefühle, Bedürfnisse, Wahrnehmungen. Dadurch verlieren sie ihr „intrinsisches“ Selbstwertgefühl, verlieren auch ihre innere Orientierung, ihren „Kompass“. Stattdessen orientieren sie sich nach aussen, nach den Erwartungen und Bedürfnissen anderer. Gehorsam und Leistung verhelfen ihnen zwar zu einem „extrinsischem“ Selbstwertgefühl, da sie dann wahrgenommen und geschätzt werden und sich nützlich fühlen. Aber das wahre Selbst wehrt sich immer wieder gegen das „falsche“ Selbst, das erzeugt eine innere Zerrissenheit und Verwirrung.
Dieser Widerspruch zwischen Selbst-Verleugnung und „falschem“ Selbst wird unbewusst als „Notprogramm“ gespeichert, sodass die Betroffenen sich unbewusst damit identifizieren, als wäre das ihre wahre Identität. So entsteht der „Stressor“ der lebenslang ihr Erleben und Verhalten bestimmt.
Die fehlende Orientierung am inneren Kompass erklärt auch die verwirrenden Beziehungsmuster, die wir als Symbiosemuster bezeichnen. Die sichere Unterscheidung zwischen Ich und Du, zwischen eigenem und fremden Raum geht verloren. Die eigenen Grenzen können nicht wahrgenommen und geschützt werden („Abgrenzungs-Verbot“). Aber auch fremde Grenzen werden nicht respektiert (Übergriffigkeit, Helfer-Syndrom).
Ohne diese Orientierung kann auch die Kraft nicht gesund eingesetzt werden, um sich zu schützen (mangelnde Selbst-Fürsorge), oder eigene Ziele zu verfolgen. Sie ist blockiert und richtet sich destruktiv gegen sich selbst - oder gegen andere (Selbst-Hass, Depression, Erkrankungen).
Da diese Vorgänge unbewusst ablaufen, können die Betroffenen diese Zusammenhänge nicht erkennen und ihr „Programm“ nicht löschen. Im Gegenteil, je mehr sie spüren, dass dies „Programm“, das sie als Kleinkind gerettet hat, im Erwachsenenalter mit Stress und Leid verbunden ist, desto mehr neigen sie dazu, sich selber dafür die Schuld zu geben. Das verstärkt den Teufelskreis der Selbstabwertung.
Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, greifen wir zurück auf uralte Vorstellungen von einem wahren Selbst, das unzerstörbar ist und unverlierbar. Wenn wir uns bewusst machen, dass die Erde uns hervorgebracht hat, dass wir Teil sind eines grösseren schöpferischen Ganzen, das uns trägt und nährt, bedingungslos, dann gibt uns das eine unzerstörbare eigene Würde. Unabhängig von Leistung oder Anerkennung durch andere. Dieses „intrinsische Selbstwertgefühl“ kann zu einem inneren Kompass werden. Dies gibt uns eine Orientierung: Wir können erkennen: das Trauma und die Überlebensstrategien sind unvereinbar mit diesem Selbst. Und: nur durch diese Anpassungsreflexe konnten wir damals überleben. Also gibt es keinen Grund, uns heute dafür abzuwerten!
Durch den Aufstellungsprozess erkennen und würdigen die Betroffenen, dass die frühen Anpassungs-Reflexe des Kleinkindes damals für das Überleben existentiell wichtig waren, aber heute nicht mehr erforderlich sind. Ja dass sie im Gegenteil nur noch hinderlich sind. Dann können sie die früh gespeicherten Trauma-Inhalte „löschen“- ohne sich heute dafür selber abwerten zu müssen.
So wird es ihnen wieder möglich, sich nach ihrem inneren Kompass, ihrem gesunden Wesenskern, dem wahren Selbst zu orientieren. Diese Orientierung befreit auch wieder ihre Kraft, die bisher gebunden war durch das Ertragen des Unerträglichen. Nun können sie diese Kraft wieder gezielt einsetzen, für sich, statt gegen sich. Statt dem bisherigen Gefühl der Lähmung nun die Erfahrung wirksam und handlungsfähig zu sein. Und ein „artgerechtes“ Leben zu führen durch Beziehungen, die nicht bestimmt sind durch gegenseitige Abhängigkeit, sondern durch gegenseitige Anziehung.
Inzwischen verstehen wir immer besser, warum diese Vorgehensweise so rasch und tief wirkt. Wir aktivieren ein angeborenes Selbstheilungsprinzip, das die Gedächtnisforschung als Gedächtnis-Rekonsolidierung bezeichnet.
Auch andere modernere Therapieverfahren wie EMDR (Hensel, „Stressorbasierte Therapie“) und Kohärenz-Therapie (Bruce Ecker, Der Schlüsse zum emotionalen Gedächtnis) verwenden dieses Prinzip.
Hier findte ihr den vollständigen Text:
www.systemisch...
Негізгі бет Was hilft, wenn frühe Anpassungsreflexe später zum Stressor werden 23 6 24
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