Wild lebende Wisente mitten In Deutschland? Es sollte ein großer Beitrag zum Artenschutz werden. Als die damalige Landesregierung vor 15 Jahren einem kleinen Verein Gelder zur Aufzucht von Wisenten bewilligte, waren alle glückselig. Heute darf das Projekt als gescheitert betrachtet werden. Die Batterien der Peilsender sind leer und der Genpool beschränkt sich im Wesentlichen auf die eigene Herde. Doch was ist jetzt noch übrig geblieben von der Idee ehemals heimische Wildtiere wieder anzusiedeln?
Der Kreis Siegen-Wittgenstein will den Wisentverein dazu bringen, die Tiere durch gezielte Fütterungen aus dem Sauerland zurück in ihr Auswilderungsgehege nach Wittgenstein zu locken. Das sagte Kreis-Umweltdezernent Arno Wied dem WDR. So solle unter anderem vermieden werden, dass die Wisente die Bäume privater Waldbesitzer im Sauerland schädigen. Die hatten erfolgreich dagegen geklagt. Bislang hatte sich der Wisent-Trägerverein um die Tiere gekümmert. Doch seit die Behörden das Projekt einstellen wollen, hat der Verein das Eigentum an den Wisenten aufgegeben. Das bezeichnete der Kreis in einer Stellungnahme als „juristischen Kniff“. Denn Ziel der Eigentumsaufgabe ist es, die Wisente als „herrenlos“ zu erklären. Damit fielen sie unter strenge Tier- und Artenschutzrichtlinien und dürften weder verfolgt noch gefangen werden. Kreis und Land halten dieses Vorgehen für rechtswidrig.
Unterdessen stellen Kritiker die Qualität des Artenschutzprojekts in Frage. Uwe Lindner, ehemaliger Leiter des Projekts, glaubt, dass viele der in Freiheit geborenen Kälber durch Inzucht entstanden sind. Grund dafür sei, dass Leitbulle Egnar nicht wie üblich nach fünf, sondern erst nach neun Jahren aus der Herde entnommen worden sei. So habe er möglicherweise seine eigenen Töchter gedeckt. Außerdem habe es der Verein versäumt, die Jungbullen nach zwei Jahren zu trennen, bevor sie abwandern und sich bis zu hundert Kilometer weit von der Herde entfernen, wo niemand auf sie vorbereitet ist. Kürzlich wurde ein solches Tier schwer verletzt im Westerwald entdeckt. Dort musste es von einem Jäger von seinen Qualen erlöst werden. Der Wisentverein streitet die Vorwürfe ab. Es sei aus organisatorischen Gründen nicht möglich gewesen, den Leit- und die Jungbullen früher aus der Herde zu trennen.
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Ein Beitrag von Mike Külpmann und Anett Selle. Dieser Beitrag wurde im Oktober 2022 produziert. Alle Aussagen und Fakten entsprechen diesem Stand und werden nicht aktualisiert. Westpol ist ein politisches Fernsehmagazin für Nordrhein-Westfalen.
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Foto: WDR / dpa
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